Norbert LangeParkplatz Hase und IgelHans im Glück
Hans im Glück

Spätmoderne Fassung

Viele Jahre schon hatte Hans im Garten gearbeitet, als ihm der Lohn gezeigt wurde, würde er weiter treu dem Garten dienen: Ein Klumpen reinen Goldes, so groß wie sein eigener Kopf.
Lange umwanderte Hans diesen Klumpen, besah ihn sich genau von allen Seiten, von oben und von unten: Welcher Glanz und welcher Wert doch von diesem Gold ausging! Er legte auch seine Hände sorgsam an den edlen Stein. Oh ja, er fasste sich gut an, auch Energie trug dieser Stein in sich. Aber sollte er wirklich weitere lange Jahre um diesen Stein dienen?
Nun, zunächst einmal vergrößerte Hans den Radius seiner Wanderung und bezog auch die Baumschule des Gartens mit ein …
Nein, dies Gold war es nicht wert, sein Leben daran zu hängen, lieber wollte er den Garten noch besser kennen lernen!
Mit leeren Händen Monate durch den Garten streifend erblickte Hans schließlich ein Pferd zwischen den Bäumen. Langsam näherte er sich dem eindrucksvollen Tier. Immer heller leuchtete ihm das weißglänzende Fell entgegen. Und freudig begrüßte der Schimmel ihn, als er herantrat, und ließ sich willig streicheln. Flott konnte Hans nun reitend den Garten durchmessen. Und wenige Jahre später schon hatte er seine selbst gestellte Aufgabe erfüllt: Der Garten war ihm nun in seiner ganzen Fülle bekannt.

Sollte er nun weiter seine Zeit dem Garten widmen? Oder sollte er das Pferd nehmen und beritten sein Glück suchen?
Nein! Zweimal Nein! Der Garten war nicht alles. Und das Pferd gehörte ihm nicht.
Er wollte auch gerne wieder den Erdboden unter seinen Füßen spüren. Und Lieben wollte er. So verließ er allein und frohgemut den Garten.

Als Hans so eine Zeitlang mit seinen wieder leeren Händen gewandert war, schenkte ihm ein Bauer eine überzählige Kuh. Eine kräftige Milchkuh war das und jahrelang ernährte sie ihn. Ein üppiges Leben war diese Zeit. Doch als die Frau ihn fand, die zu lieben er ausgezogen war, folgte er der Frau und schenkte die Kuh gerne weiter.

Hans war noch nicht lange mit seinen zum dritten Mal leeren Händen wieder unterwegs, da begegnete ihm ein Bursche, der ein Ferkel mit sich trug. Und er und der Bursche kamen überein, dieses Ferkel gemeinsam aufzuziehen. Jahre später allerdings, das Ferkel war inzwischen zu einem fetten Schwein herangewachsen, kam es zum Streit. Und sie schlachteten das Schwein und teilten es unter sich auf.
Von seiner Schweinehälfte konnte Hans noch einige Jahre leben. Und im Magen des Tieres fand er ein großes Ei. Und aus diesem Ei schlüpfte ein Küken, das in den folgenden Jahren zu einer prächtigen Gans heranreifte.
Gelegentlich legte diese Gans für Hans weitere Eier.
Und in diesen Eiern fand Hans die feinen und leichten Werkzeuge, nach denen er – ohne es zu wissen – sein Leben lang gesucht hatte.

Norbert Lange, 04. Juni 2013